14. August 2024

Vielfalt durch Beweidung

Die Laponesalm im Gschnitztal.
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Die Laponesalm im Gschnitztal liegt mit einer Gesamtfläche von rund 320 Hektar auf etwa 1.400 Metern Seehöhe. Circa 50 Hektar davon sind reine Weidefläche.
Almwirtschaft und ihre ökologische Rolle

Laponesalm, Gschnitztal – hoch oben in den Tiroler Alpen, auf etwa 1.400 Metern Seehöhe, erstreckt sich die Laponesalm auf einer Gesamtfläche von über 320 Hektar. Für die Landeszeitung haben wir vor kurzem mit LHStv. Josef Geisler dort vorbeigeschaut. Während des Besuchs in der idyllischen Almregion wurde schnell klar, dass die Almwirtschaft weit mehr als nur eine landwirtschaftliche Tätigkeit ist. Sie ist Teil der kulturellen Landschaft der Region.

Biodiversität und Almwirtschaft

Bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen werden wir von Peter Pranger begrüßt. Er ist Obmann jener Almgemeinschaft, die die Alm betreibt. Insgesamt vier Bauern bewirtschaften die Alm gemeinsam. Durchschnittlich 56 Rinder (Grau-, Fleckund Braunvieh) weiden hier über die Sommermonate, erklärt Pranger. Über eine kleine Brücke führt er uns über Abschnitte der weitläufigen Weidefläche und erklärt: „Unsere Almwirtschaft ist nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht wichtig, sondern vor allem für die Erhaltung der Kulturlandschaft. Wir haben hier circa 50 Hektar reine Weidefläche und es ist entscheidend, dass wir die Flächen regelmäßig bewirtschaften. Nur so bleibt das Naturidyll erhalten.“ „Die Landschaft, durch die wir uns bewegen, ist jedoch keine Naturlandschaft“, verweist LHStv. Geisler auf den Einfluss von Menschen und erklärt: „Es handelt sich dabei vielmehr um eine gewachsene Kulturlandschaft, die durch die Beweidung entstanden ist.“

„Gelenkte Weideführung“

Ein zentrales Element dabei ist die sogenannte „gelenkte Weideführung“. Dabei werden die Tiere regelmäßig zu neuen Weideflächen gelenkt. Dies ermöglicht dem Gras, sich zu erholen und nachzuwachsen, bevor es erneut beweidet wird. „Die gelenkte Weideführung ist wichtig, damit unser Gras nachwachsen kann und die Tiere immer frisches Futter haben. So bleibt unsere Alm gesund und die Natur im Gleichgewicht“, so Pranger. LHStv. Geisler erklärt weiter: „Durch die Beweidung entstehen Lichtungen, in denen sich eine große Vielfalt von Pflanzen entwickeln kann.“ Auf der Laponesalm sind die Auswirkungen der Beweidung zu sehen: Offene Wiesen und abwechslungsreiche Flora sind das Ergebnis der sorgfältigen und kontinuierlichen Pflege durch die Almbewirtschafter. Werden die Flächen nicht mehr beweidet, wachsen sie zu und der Lebensraum ändert sich.

Herausforderungen der Almwirtschaft

Der Alltag auf der Laponesalm ist geprägt von harter Arbeit und ständiger Pflege. Diese beginnt bereits früh im Jahr, wenn der Schnee schmilzt und die Spuren des Winters beseitigt werden müssen. „Nach dem Winter stehen die Aufräumarbeiten der Lawinenschäden an: Holz beseitigen, Zäune setzen“, erzählt Pranger. „Dann kommt der Sommer, wo täglich nach den Tieren gesehen wird und die Weideflächen gepflegt werden. Durch Entfernen von beispielsweise Büschen und Steinen – das sogenannte Schwenden – werden die Flächen in Schuss gehalten. Im Herbst holen wir das Vieh dann zurück ins Tal und legen die Zäune ab, bevor der erste Schnee fällt.“ Diese kontinuierliche Arbeit, Jahr für Jahr, zeigt die Hingabe und den Einsatz der Almbewirtschafter, die nicht nur das Vieh, sondern auch die Landschaft pflegen und bewahren. Ein Besuch auf der Laponesalm verdeutlicht die enge Verbindung zwischen traditioneller Almwirtschaft und Biodiversität. Almen sind nicht nur Orte der landwirtschaftlichen Tradition, sondern auch lebendige Beispiele für die Bedeutung der nachhaltigen Bewirtschaftung und den Erhalt der biologischen Vielfalt in den Alpen. „Die Almwirtschaft in Tirol hat wichtige Funktionen, nicht nur wirtschaftlich, auch ökologisch ist sie von unschätzbarem Wert. Die sorgfältige Pflege der Weideflächen und die kontinuierliche Arbeit der Almbewirtschafter sind unerlässlich, um die kulturelle und natürliche Schönheit der Region zu bewahren“, fasst LHStv. Geisler den Lokalaugenschein auf der Laponesalm zusammen.
Einen Filmbeitrag zu dieser Reportage finden Sie online unter: www.tirol.gv.at/Artenvielfalt 
 

Drei Fragen an Erich Tasser

Erich Tasser beschäftigt sich an der Universität Innsbruck und der EURAC Bozen mit Landschaftsökologie und Landnutzung in den Alpen. Dabei hat er sich auf die Auswirkungen der Almbewirtschaftung auf die Biodiversität spezialisiert.

Wie trägt die Almbewirtschaftung zur Erhaltung der Biodiversität bei?

Extensive Almwirtschaftspraktiken wie Mähen und Beweiden fördern die Biodiversität auf den Tiroler Almen, indem sie vielfältige Mikrohabitate und dadurch für viele Arten einen Lebensraum schaffen. Sowohl eine Intensivierung der Nutzung als auch eine Unternutzung durch fehlende Weideführung führen zum Verlust dieser wertvollen Habitate. Die traditionelle Almbewirtschaftung trägt außerdem dazu bei, dass das Ökosystem widerstandsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels ist.

Welche Rolle spielen Weidetiere in der Almbewirtschaftung für die Förderung der Biodiversität?

Weidetiere wie Rinder und Schafe sind entscheidend, da sie durch ihre Beweidung die Almfläche waldfrei halten und viele krautige Pflanzenarten fördern. Dies ermöglicht das Überleben einer Vielzahl von Pflanzen-, aber auch Tierarten, die in unserer Kulturlandschaft sonst kaum mehr einen geeigneten Lebensraum finden.

Welche Auswirkungen hätte das Aufgeben der Almbewirtschaftung auf die Biodiversität und die Ökosysteme in diesen Gebieten?

Ohne Almbewirtschaftung würden viele Tiroler Almen „verbuschen“, zuwachsen. Damit würde eine heute noch vielfältige Kulturlandschaft verschwinden.
 

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