26. Juni 2024

Unser Wasser und Europa

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Der Lech gilt als einer der letzten Wildflüsse im Alpenraum. Er wird durch europäisches und nationales Recht besonders geschützt.
Die hohe Wasserqualität in Tirol ist kein Zufall, sondern auch Ergebnis zahlreicher Schutzmaßnahmen. Im Interview mit der Landeszeitung gibt Europarechtsexperte Walter Obwexer Einblicke in die juristischen Rahmenbedingungen beim Gewässerschutz.

Professor Obwexer, was versteht man eigentlich unter Gewässerschutz?

Der Gewässerschutz beinhaltet – wie bereits der Begriff nahelegt – Maßnahmen zum Schutz des Wassers. Rechtliche Regelungen sollen sicherstellen, dass die begrenzte Ressource Wasser nicht zu einer üblichen Handelsware wird, sondern Allgemeingut bleibt, das es zu schützen und nachhaltig zu nutzen gilt.

Wie europäisch ist der Tiroler Gewässerschutz?

Die in Tirol geltenden Gewässerschutzregelungen beruhen zum allergrößten Teil auf Richtlinien der EU, die bei uns – je nach Zuständigkeitsbereich – vom Bund und vom Land umgesetzt werden mussten und einzuhalten sind. Zu diesen Richtlinien gehören unter anderem die Wasserrahmen- Richtlinie, die Grundwasserschutz-Richtlinie, die Trinkwasser-Richtlinie, die Badegewässer-Richtlinie, die Hochwasser-Richtlinie und die Richtlinie über Umweltqualitätsnormen. Allein diese Anzahl von Richtlinien zeigt, wie bedeutend der Beitrag der EU zum heimischen Gewässerschutz ist.

Was ist die Wasserrahmen-Richtlinie, wo begegnet man ihr in Tirol?

Die Wasserrahmen-Richtlinie der EU wurde im Jahr 2000 beschlossen. Sie beinhaltet einen Ordnungsrahmen etwa für den Schutz unserer Bäche, Flüsse, Seen und des Grundwassers. Damit sollen Verschmutzungen verhindert oder zumindest verringert, die nachhaltige Wassernutzung gefördert, die damit verbundene Umwelt geschützt und verbessert sowie Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren gemindert werden. Das Hauptziel besteht darin, bei allen Gewässern einen guten Umweltzustand zu erreichen und zu erhalten. Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedsstaaten entsprechende Maßnahmen ergreifen. Die Vorgaben der Wasserrahmen-Richtlinie wurden in Österreich in Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Länder umgesetzt. Dazu gehören zum Beispiel das Wasserrechtsgesetz, die Badegewässerverordnung, die Trinkwasserverordnung, der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan 2021 und das Tiroler Fischereigesetz.

Welche Rolle spielt Gewässerschutz im europäischen Green Deal?

Im Green Deal der EU kommt dem Gewässerschutz eine besondere Bedeutung zu. Dieser soll nämlich mit einem Bündel an rechtlichen Regelungen bis zum Jahr 2050 eine schadstofffreie Umwelt ermöglichen (Null-Schadstoff-Aktionsplan). Dafür müssen Wasser, Luft und Boden entsprechend geschützt werden. Zur Erreichung dieses Ziels sind auch Änderungen der geltenden Richtlinien für den Gewässerschutz vorgesehen. So sollen die Umsetzung der Wasserrahmen-Richtlinie verbessert, der Schutz für Grund- und Oberflächengewässer aktualisiert und die Kommunalabwasser- Richtlinie verschärft werden.

Lässt sich schon einschätzen, welchen Stellenwert der Gewässerschutz im Arbeitsprogramm der nächsten EU-Kommission haben wird?

Es ist davon auszugehen, dass die neue Kommission, die ihr Amt im November 2024 antreten soll, den Green Deal weiter verfolgen wird. Das inzwischen im EU-Klimagesetz verbindlich festgelegte Ziel einer schadstofffreien Umwelt bis zum Jahr 2050 lässt sich nämlich nur erreichen, wenn auch der Schutz der Gewässer weiter intensiviert wird. Dies erfordert die Fortführung der Gewässerschutzpolitik der EU auch in den kommenden Jahren. 

Kommentar

Das Trinkglas am Wasserhahn auffüllen, eine frisch gefangene Bachforelle verspeisen oder Abkühlung im blauen Badesee suchen – in Tirol ist das möglich. Ein Blick über unsere Grenzen hinaus zeigt aber, dass eine gute Gewässerqualität alles andere als selbstverständlich ist. Sauberes Wasser ist ein hohes, ja lebensnotwendiges Gut! Strikte EU-Richtlinien und heimische Gesetze tragen wesentlich dazu bei, dass Gewässerschutz bei uns funktioniert. Es ist aber auch jede und jeder Einzelne gefragt, auf unser Wasser Acht zugeben und schonend damit umzugehen – damit uns dieser kostbare Schatz auch in Zukunft erhalten bleibt!
Sonja Ledl-Rossmann Landtagspräsidentin
 

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