Denn mit jedem Toilettengang in Tirol fließen sozusagen auch Gesundheitsdaten in das Abwasser. Beispiel: Je mehr Menschen das Influenza-Virus in sich tragen, desto höher ist auch die Virenlast im Abwasser. Das heißt, dass die Analyse solcher Daten im Abwasser – das Abwassermonitoring – auch eine Früherkennung von Infektionswellen ermöglicht. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto besser können Infektionswellen und deren Auswirkungen auf das Gesundheitssystem eingedämmt werden. Und davon profitieren alle Menschen in Tirol.
Das Abwassermonitoring Tirol wurde im Jahr 2020 im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt. Das Land Tirol nahm hierbei gemeinsam mit dem Institut für Gerichtliche Medizin (GMI), der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) und der guten Zusammenarbeit mit den Tiroler Kläranlagen innerhalb Österreichs, aber auch darüber hinaus, eine Vorreiterrolle ein. „Damals wurde echte Pionierarbeit geleistet“, zeigt sich Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele vom damaligen Fortschritt heute noch begeistert. Eineinhalb Jahre später wurde auch seitens des Gesundheitsministeriums ein nationales Abwassermonitoring in Betrieb genommen.
Was als österreichweiter Vorreiter in Sachen Frühwarnsystem für EntscheidungsträgerInnen in Tirol startete, konnte mittlerweile um die Beobachtung weiterer Atemwegsinfektionen wie Influenza und Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) erweitert werden. Damit nimmt das Abwassermonitoring Tirol eine zentrale Rolle in der Gesundheitsprävention in Tirol ein.
Informationen zu Lebensstil und Gesundheit
Das Abwassermonitoring wird als anerkannte Methode national und international angewendet. Es gibt Aufschluss über den Lebensstil und den Gesundheitszustand der Bevölkerung. Aus dem Abwasser werden Proben entnommen, die dann analysiert werden. Die Ergebnisse liefern insbesondere Informationen über die Verbreitung von Krankheitserregern. Ziel ist es, möglichst frühzeitig einen Überblick über Entwicklungen von Infektionswellen flächendeckend zu erhalten. Das ist wichtig, damit die zuständigen Gesundheitsbehörden auch rasch reagieren können. „Viruserkrankungen verursachen eine hohe Gesundheits- und Systembelastung. Frühzeitig Informationen über das Infektionsgeschehen zu haben, unterstützt uns wesentlich dabei, vorausschauend Maßnahmen ergreifen zu können“, betont LRin Hagele.Monitoring erfasst 99 Prozent aller Personen
Das nationale Abwassermonitoring mit österreichweit 48 Kläranlagen – sechs davon in Tirol – erfasst knapp über 50 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Tourismusstarke Gebiete, besonders in den Bezirken Imst, Kitzbühel oder Landeck sowie ein Großteil Osttirols, werden durch das nationale Monitoring jedoch nicht abgedeckt. Über das Abwassermonitoring Tirol wird eine flächendeckende Auswertung der Abwasserdaten für Tirol sichergestellt. Dabei werden 99 Prozent aller Personen in Tirol – Einheimische wie Gäste – erfasst. Bei Bedarf stehen die Ergebnisse noch am Tag der Probennahme zur Verfügung.Die Zukunft der Gesundheitsprävention
Die Daten aus dem Abwassermonitoring Tirol fließen in regelmäßige Prognoserechnungen des Landesinstituts für Integrierte Versorgung Tirol (LIV) der Tirol Kliniken ein und ermöglichen einen detaillierten Blick in die Zukunft. Damit leistet das Abwassermonitoring nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Einschätzung der aktuellen Infektionslage, sondern auch zu möglichen Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Es hilft, Signale für das Auftreten, Ansteigen oder Abflachen von Infektionswellen möglichst früh zu erkennen, um zeitgerechte und effiziente Präventionsmaßnahmen empfehlen oder ergreifen zu können. Dabei können beispielsweise konkrete Empfehlungen an die Bevölkerung zu Impfungen und verstärkten Hygienemaßnahmen ausgesprochen werden. Zudem können die niedergelassene Ärzteschaft und die Krankenanstalten generell oder regional gesondert informiert und zu besonderer Wachsamkeit aufgerufen werden. So können Infektionswellen und deren Auswirkungen auf das Gesundheitssystem frühzeitig eingedämmt werden.Derzeit bezieht sich der Einsatz des Abwassermonitorings Tirol auf Atemwegserkrankungen wie Covid-19, Influenza und RSV. Künftig soll es auch auf andere Krankheitserreger wie Masern ausgeweitet werden. Damit soll ein umfassendes Frühwarnsystem für Infektionserkrankungen in Tirol etabliert werden, das über Beginn, Örtlichkeit und Ende des Ausbruchs wertvolle Informationen liefern kann.