Tirol setzt in der Asyl- und Flüchtlingspolitik auf klare Strukturen, gut ausgebildetes Personal und Initiativen wie die „Task Force Migration“.
LHStv Philip Wohlgemuth erläutert im Gespräch mit der Tiroler Landeszeitung, welche Herausforderungen Integration und Migration mit sich bringen und wie das Land Tirol damit umgeht. Zudem gibt ein ehemaliger Asylwerber, der heute als Sicherheitsbediensteter in einer Unterkunft tätig ist, Einblicke in seine Arbeit.
Tiroler Landeszeitung: Wie in vielen anderen Ländern treffen auch in Tirol Schutzsuchende und Geflüchtete auf eine starke Gesellschaft. Wie gelingt das sichere Zusammenleben?
LHStv Philip Wohlgemuth: In Tirol setzen wir auf ein gut ausgearbeitetes Sicherheitskonzept sowie klare Strukturen und Regeln in den Unterkünften, die enge Zusammenarbeit mit Behörden und allen voran auf gut ausgebildetes Personal. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf Integration durch Sprache, Arbeit und soziale Teilhabe – denn Integration und gegenseitiges Verständnis sind der beste Schutz vor Konflikten.Die Arbeit in Flüchtlingsunterkünften erfordert nicht nur entsprechendes Know-how, sondern auch Fingerspitzengefühl. Wie stellt das Land sicher, dass diese Fachkräfte gut ausgebildet und interkulturell sensibilisiert sind?
Wir setzen auf fundierte Schulungen für Sicherheitsbedienstete, die nicht nur sicherheitsrelevante Aspekte abdecken, sondern auch interkulturelle Kompetenzen vermitteln. Wir haben in den Tiroler Sozialen Diensten viele qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Sozialarbeit leisten, Werte vermitteln und sich mit gruppendynamischen Prozessen auskennen. Es geht darum, Eskalation zu vermeiden, Empathie zu zeigen und Konflikte durch Kommunikation zu lösen. Besonders wertvoll sind dabei Menschen mit eigener Flucht- oder Migrationserfahrung, die als Brückenbauer fungieren und das Verständnis auf beiden Seiten fördern können.Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Integrationspolitik in Tirol, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Ich will eine Integrationspolitik, die Chancen schafft und Sicherheit gibt – sowohl für Schutzsuchende als auch für die Tiroler Bevölkerung. Dazu brauchen wir klare Rahmenbedingungen, Investitionen in Bildung und Beschäftigung sowie eine Kultur des Miteinanders. Wenn wir Sicherheit, Teilhabe und Respekt in Einklang bringen, profitieren am Ende alle davon.Vom Flüchtling zum Sicherheitsbediensteten
Der 34-jährige Ahmed A. erzählt von seinem persönlichen Weg. Er gibt Einblicke in seinen Alltag und erläutert, wie seine persönliche Erfahrung hilft, Konflikte zu entschärfen und für Sicherheit in der Flüchtlingsunterkunft zu sorgen.Tiroler Landeszeitung: Sie sind selbst aus Ihrer Heimat Syrien geflüchtet und engagieren sich in Tirol für die Sicherheit. Was hat Sie motiviert, diesen Weg zu gehen?
Ahmed A.: Ich komme aus Syrien, bin seit elf Jahren in Österreich und arbeite nun in einem Flüchtlingsheim in Innsbruck als Sicherheitsbediensteter. Zunächst möchte ich ehrlich sein und sagen, dass es für uns alle sehr schwierig war, die deutsche Sprache schnell zu lernen. Trotzdem haben wir versucht, uns zu beschäftigen. Bei der TSD konnte ich als Sicherheitsbediensteter mit Englisch, Arabisch und ein wenig Deutsch arbeiten. Da in unserer Unterkunft Menschen aus verschiedenen Nationalitäten zusammenleben, war die Möglichkeit, mit Geflüchteten in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren, sehr nützlich. Natürlich haben wir von Anfang an Schulungen und Weiterbildungen erhalten, sodass jeder von uns im Notfall Polizei, Rettung oder Feuerwehr rufen konnte. Meine Motivation war vor allem der Wille, zu arbeiten und mich um die Sicherheit der Menschen zu kümmern.Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrem Job und welchen Einfluss hat Ihr persönlicher Weg darauf, wie Sie damit umgehen?
Ich war selbst Asylwerber und weiß daher genau, welche Schwierigkeiten es gibt und was gebraucht wird. Es ist wichtig, dass jemand die Geflüchteten versteht und ihre Herausforderungen nachvollziehen kann. Unsere Aufgabe ist es, den Bewohnerinnen und Bewohnern zu zeigen, wie das Leben in Österreich ist, welche Regeln es in der Unterkunft gibt und woran sich alle halten müssen. Dazu gehört beispielsweise ein Alkohol- und Rauchverbot im Haus, die Hausordnung sowie der Umgang miteinander im Allgemeinen. Besonders wichtig ist es, Konflikte zu vermeiden und Probleme durch Dialog ohne Gewalt zu lösen.Was bedeutet Sicherheit für Sie, Ihre Arbeit und die Bewohnerinnen und Bewohner?
Sicherheit ist ein großes Wort und umfasst viele Aspekte. Für mich bedeutet Sicherheit vor allem, in einem Land zu leben, in dem Frieden herrscht und keine Bomben fallen – also dort, wo kein Krieg ist. Geflüchtete Personen sind Schutzsuchende. Für die Geflüchteten, die in unserer Unterkunft wohnen, bedeutet Sicherheit, dass sie sich bereits in einem sicheren Land befinden. Danach geht es um die individuelle Sicherheit: die Einhaltung der Regeln, der Schutz nahestehender Personen, Sicherheit am Wohnort. Unsere Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass diese Sicherheitsaspekte gewährleistet sind. Geflüchtete Personen sind Schutzsuchende. Für die Geflüchteten, die in unserer Unterkunft wohnen, bedeutet Sicherheit, dass sie sich bereits in einem sicheren Land befinden. Danach geht es um die individuelle Sicherheit: die Einhaltung der Regeln, der Schutz nahestehender Personen, Sicherheit am Wohnort. Unsere Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass diese Sicherheitsaspekte gewährleistet sind.Weitere Interviews unter: www.tsd.gv.at
Wussten Sie, dass …
… das Land Tirol im Juli 2022 eine „Task Force Migration“ ins Leben gerufen hat, um auf die steigenden Herausforderungen im Migrationsbereich zu reagieren?… sich die Task Force aus ExpertInnen des Landes, der TSD, der Tiroler Polizei, dem Militärkommando, dem Roten Kreuz und der Stadt Innsbruck zusammensetzt? Ihr Ziel ist es, regelmäßig die aktuelle Lage zu beurteilen, Risiken einzuschätzen und eine effiziente Koordination der Unterbringung und Versorgung Geflüchteter sicherzustellen.