18. Februar 2020

Höchste Wetterstation Österreichs sendet Daten aus Osttirol

von Bettina Sax
Sendemast/Wetterstation auf Berghüttendach
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Eingebettet in ein beeindruckendes Bergpanorama befindet sich die Wetterstation auf dem Dach der Schutzhütte.
Es ist das Gefühl, „am Dach Tirols zu stehen“, das den ersten Moment auf 3.454 Metern Seehöhe auf der „Adlersruhe“ am Fuße des Großglockners wohl am besten beschreibt.

Ein atemberaubendes Panorama und ein eisiger Wind, der sich auf den Wangen anfühlt wie tausend kleine Nadelstiche, während warme Sonnenstrahlen genau das wieder wettmachen. Strahlend blauer Himmel, keine Wolke weit und breit. Ein Blick nach vorne, rechts und links: ein Meer aus weißen Berggipfeln so weit das Auge reicht. Das sind die ersten Eindrücke nach dem Ausstieg aus dem Hubschrauber. Einige Meter weiter und einen kleinen Fußmarsch entfernt befindet sich eine Schutzhütte – unser Ziel: die Erzherzog-Johann-Hütte. Dort wird an diesem Tag Österreichs höchste Wetterstation installiert und in Betrieb genommen.Land Tirol/Sax / wetterstation_1

205. Wetterstation des Landes für noch mehr Sicherheit

Seither liefert die Station laufend Daten zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind. Neben 204 weiteren Wetterstationen des Landes Tirol, die vonseiten des Lawinenwarndienstes der Abteilung Zivil- und Katastrophenschutz betrieben werden, ist die Station Nummer 205 die höchstgelegene. Sie liefert wichtige und aufschlussreiche Werte aus dem hochalpinen Bereich, die mittels eines speziellen Datendienstes an einen Server übermittelt und online gestellt werden. Kostenpunkt der Station: 10.000 Euro. Mit den zusätzlichen Daten kann beispielsweise der Lawinenwarndienst Tirol noch genauere Aussagen und Prognosen zur Wind- und Schneesituation treffen, was eine weitereQualitätssteigerung der Lawinenberichte mit sich bringt.
Es war die geballte Tiroler Schneeexpertise der Abteilung Zivil- und Katastrophenschutz des Landes, die sich an diesem Tag am „Dach Tirols“ einfand: Die Montage und Inbetriebnahme der Wetterstation wurde unter der Leitung von Paul Kößler, zuständig für den technischen Bereich des Lawinenwarndienstes Tirol, durchgeführt. Um Schneeprofile auf dieser Höhe zu untersuchen, war auch das Team rund um Rudi Mair, Leiter des Lawinenwarndienstes, vor Ort. Und Harald Riedl, Ausbildungsleiter der Tiroler Lawinenkommissionen, nutzte die Gelegenheit, um sich ein Bild von der Schneelage zu machen. Denn an diesem Tag wurde nicht nur eine neue Wetterstation errichtet – an einigen Standorten in näherer Umgebung standen auch Reparatur- und Wartungsarbeiten an.

Dichtestes Wetterstationsnetz der Alpen

Denn es sind harte Bedingungen, denen die Technik auf dieser Höhe trotzen muss. Schäden an Wetterstationen sind unvermeidbar – gebrochene Windsensoren, beschädigte Lufttemperatur- und Feuchtefühler, Schneesensoren oder Solarpaneele sind nur einige Beispiele. Tirol betreibt im Verhältnis zu seiner Fläche die meisten Wetterstationen im Alpenraum – insgesamt etwa doppelt so viele wie in der Schweiz oder dem Trentino. Notwendig ist dies auch aufgrund Tirols geographischer Lage, dem Tourismus und der vielen SportlerInnen im freien Gelände. Die Daten der Wetterstationen sind für die Bewertung der Lawinensituationen und damit der Sicherheit der Bevölkerung und Gäste wesentlich.

Hand in Hand: Daten zu Wetter und Lawinen

Während die Wetterstation am Dach der Schutzhütte unter erschwerten Bedingungen installiert wurde – starke Windböen erforderten vom Team Konzentration und Durchhaltevermögen –, untersuchte ein Team des Lawinenwarndienstes die Beschaffenheit des Schnees: Ein „Schneewürfel“ wird mittels Säge abgetrennt, durch Klopfen mit einer aufliegenden Schaufel gelöst und anschließend analysiert. Schneeschichten geben ebenso wie beispielsweise die Größe und Beschaffenheit der Schneekörner Aufschluss über die Zusammensetzung der Schneedecke. Die Erkenntnisse werden noch vor Ort handschriftlich festgehalten, um sie anschließend in die Lawinenvorhersage einfließen zu lassen. Diese wird mittlerweile grenzüberschreitend gemeinsam mit Südtirol und dem Trentino aufbereitet und ist in der Wintersaison unter www.lawine.report abrufbar.
 

Land Tirol/Sax / img_20200115_084757Einzigartige Bergwelt Tirol

Der Großvenediger, das Zuckerhütl oder die Dolomiten sowie das Dachsteingebirge – sie alle zeigten sich an diesem Tag beinahe majestätisch neben Hunderten anderen Gipfeln. Nach getaner Arbeit und bevor der Weg zurück zum Hubschrauber- Landepunkt ging, blieb dann noch Zeit: stehenzubleiben, innezuhalten, sich den beinahe gemalt erscheinenden Ausblick einzuprägen und dankbar zu sein, in diesem wunderschönen und sicheren Land leben zu dürfen. Die Daten aller Wetterstationen sind übrigens öffentlich zugänglich unter www.lawine.report sowie unter www.lawis.at/station.

Wussten Sie, dass …

... Windstationen durchschnittlich im Bereich von 2.500 bis 3.000 Metern Seehöhe angebracht sind?
... Schneestationen durchschnittlich zwischen 1.800 und 2.200 Metern Seehöhe zu finden sind?
... die Kosten für eine Schnee- bzw. Windstation zwischen 10.000 und 35.000 Euro betragen?
... die Lebensdauer von Wetterstationen von der jeweiligen Wetterlage abhängt? 
 

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