03. Mai 2020

„Wir dürfen keine zweite Welle riskieren“

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Das Land Tirol an deiner Seite.
Drin Cornelia Lass-Flörl, Direktorin der Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck, und Dr. Günter Weiss, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin, erläutern im Gespräch die Notwendigkeit der Maßnahmen, die in den vergangenen Wochen getroffen werden mussten.

Dr. Weiss, seit wann können wir in Tirol beobachten, dass die einschränkenden Maßnahmen greifen?

Seit Anfang April beobachten wir, dass die Zahl der Patientinnen und Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, relativ stabil ist. Es kommen zwar nach wie vor an Corona erkrankte Personen an die Klinik, doch die Bettenkapazitäten, sowohl im stationären Bereich als auch auf den Intensivstationen, sind derzeit ausreichend. Diese wünschenswerte Entwicklung ist nicht zuletzt auf die Kontaktbeschränkungen zurückzuführen.

Wie werden erkrankte Personen im Krankenhaus behandelt?

Die Menschen kommen meist mit schweren Symptomen wie anhaltendem hohen Fieber und Atemnot ins Krankenhaus. Fast alle dieser Patientinnen und Patienten haben eine Lungenentzündung, die durch das Coronavirus hervorgerufen wird. Die Behandlung erfolgt mit Medikamenten, aber auch mit nicht-pharmakologischen Maßnahmen wie Atemphysiotherapie und Inhalation mit einem Antiseptikum, das hier in Tirol entwickelt wurde. Darüber hinaus werden Medikamente verabreicht, welche die Atemfunktion erleichtern und Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge reduzieren. Bei Bedarf werden auch Antibiotika eingesetzt, da Bakterien die vorgeschädigte Lunge ebenfalls angreifen können. Daneben werden auch alle weiteren Grunderkrankungen behandelt, an denen viele Patientinnen und Patienten leiden.

Gibt es inzwischen ein wirksames Medikament gegen das Coronavirus?

Es gibt zwar vielversprechende Medikamente, aber noch kein spezielles, das gezielt gegen das Coronavirus wirkt. Wir verwenden teilweise Malariamittel, aber auch ein Medikament, welches das Virus hemmt und auch Medikamente, die eine überschießende Entzündungsreaktion als Folge der Virusinfektion bekämpfen. Inzwischen sammeln wir auch Plasma von genesenen Personen, die wir bei Schwererkrankten einsetzen können. Darüber hinaus arbeiten wir auch an internationalen Studien mit.

Frau Dr.in Lass-Flörl, wie beurteilen Sie die Maßnahmen rund um Social Distancing, also dem Abstandhalten zueinander?

Die vergangenen Wochen der Einschränkungen haben jedenfalls positive Wirkung gezeigt. Die Neuinfektionen gehen zurück, damit haben wir geschafft, was wir erreichen wollten. Aber das reicht noch nicht aus – denn wir dürfen keine zweite Welle riskieren. Das heißt für uns alle, dass wir uns weiterhin an das Gebot des Social Distancing halten müssen. Wir müssen lernen, mit unserer wiedergewonnenen Freiheit umzugehen, aber gleichzeitig weiterhin andere zu schützen.

Wie geht das am besten?

Ich plädiere dafür, dass die Menschen weiterhin Abstand zueinander halten. Es gilt nach wie vor, größere Ansammlungen zu meiden und darauf zu achten, dass man seine sozialen, außerfamiliären Kontakte weitestgehend reduziert. Darüber hinaus besteht in vielen Bereichen mittlerweile Maskenpflicht. Das ist gut so, denn auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes trägt dazu bei, das Infektionsrisiko zu reduzieren.

Worauf ist beim Tragen eines Mund- Nasen-Schutzes zu achten?

Hier gibt es zwei wichtige Hygieneregeln, vor allem bei jenen Masken, die selbst genäht wurden und die wiederverwendbar sind: Eine Maske, die einmal getragen wurde, gehört in die Waschmaschine und bei mindestens 60 Grad gewaschen. Sie soll nicht mehrmals am Tag getragen werden oder ungewaschen zuhause herumliegen. Zweitens sollte man vermeiden, dass man während des Tragens an die Maske greift und sie ständig adjustiert. Schließlich sollte man nach wie vor die Hände häufig gründlich reinigen bzw. desinfizieren.

Wie beurteilen Sie abschließend die weitere Entwicklung?

Wir sind auf einem guten Weg – aber wir sind davon überzeugt, dass es nach wie vor von essentieller Bedeutung ist, sich an die vorgeschriebenen Maßnahmen zu halten, damit die Gefahr einer zweiten Infektionswelle reduziert werden kann. Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!
 

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