30. November 2020

„Meine Corona-Erkrankung hat mir die Augen geöffnet“

Radfahrerin
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Petra Huter ist 18 Jahre jung, sehr sportlich, gehört nicht zur Risikogruppe und trotzdem hatte sie wochenlang mit den Symptomen einer Coronavirus-Erkrankung zu kämpfen.

Wir treffen uns mit Petra Huter am „Vital-Radweg“ bei Sistrans, umgeben von einer wunderschönen, herbstlichen Kulisse. Heute, knapp acht Monate nach Beginn ihrer Covid-19-Infektion Ende März, ist die 18-Jährige wieder fleißig am Trainieren. Sie ist Mitglied beim Radclub Tirol und zählte in ihrer Altersklasse zu den besten Radsportlerinnen des Landes. Obwohl die Sport-BORG-Schülerin körperlich sehr fit ist und vor ihrer Infektion bei Rennen und Marathons teilgenommen hat, war sie im Frühjahr dieses Jahres gezwungen, für einige Wochen darauf zu verzichten.

Zu Beginn Anzeichen eines milden Verlaufs

Angefangen hat alles mit den typischen Covid-19-Symptomen: Halsschmerzen, Kopfschmerzen und der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns. Vorerst sah alles nach einem milden Verlauf aus. Aufgrund der leicht möglichen Virus-Übertragung beim Zusammenleben im gleichen Haushalt erkrankten auch Petras Eltern sowie ihre Schwester an Covid-19. Bei allen vier Familienmitgliedern zeigte das Virus allerdings jeweils andere Ausprägungen: „Eigentlich hatten wir alle einen unterschiedlichen Verlauf. Meine Schwester und meinen Papa hat es schlimmer erwischt – sie verbrachten einige Tage im Bett, wobei es bei meiner Mama und mir im Vergleich dazu eher ein milder Verlauf war“, berichtet Petra. Doch der Schein trog. Denn zu den anfangs leichteren Symptomen kamen etwa zwei Wochen später Atemnot und ein Druckgefühl im Brust- und Lungenbereich hinzu. Diese beeinträchtigten die sonst so fitte Jugendliche sowohl im Alltag als auch bei der Ausübung ihres Hobbys massiv und begleiteten sie bis in den Sommer hinein.

„Mir blieb einfach die Luft weg: Kondition von 100 auf 0“

„Es war so arg, dass ich es körperlich nicht mehr geschafft habe, meine Radtouren zu beenden und anschließend wieder nach Hause zu fahren. Außerdem bin ich dann irgendwann auch nicht mehr ohne Pausen bis in den ersten Stock unseres Haus gekommen, weil mir einfach die Luft wegblieb. Das war schon sehr schlimm für mich“, schildert die 18-Jährige. Auch ihre Familie machte sich große Sorgen um Petra. „Da ich schon seit meiner frühesten Kindheit auf dem Fahrrad sitze, bin ich gut in Form. Meine Kondition sank also im Prinzip von hundert auf null. Deswegen haben meine Eltern und meine Schwester viel Rücksicht auf mich genommen, sind mit mir gemeinsam Radfahren gegangen, sobald das wieder möglich war, oder haben mich abgeholt. Und auch in der Schule wurde ich beim Training stets gefragt, wie es mir geht und ob ich mitmachen will bzw. kann.“

Die Infektion hat Spuren hinterlassen

Die Fitness und das Wohlbefinden kamen dann erst wieder im Juli zurück – vier Monate nach der Infektion. Bereits im Juni startete die Sportlerin aber wieder mit ihrem Training. Es war allerdings ein langsamer Start mit vorerst vielen kurzen Strecken. „Die Leute haben mich dann schon irgendwie komisch angeschaut. Viele wissen ja, dass ich bei einigen Rennen mitfahre und eigentlich schon gut in Form bin“, so die Sportlerin rückblickend.
Auf die Frage, ob sie in dieser Zeit auch mit Ängsten zu kämpfen hatte, antwortet die Schülerin: „Ja, ich hatte Angst, dass es plötzlich noch schlimmer wird, sodass ich vielleicht irgendwann ins Krankenhaus fahren oder schlimmstenfalls sogar auf die Intensivstation muss. Man hat ja wirklich nicht genau gewusst, was passiert. Es war einfach diese Ungewissheit, die ich immer im Hinterkopf hatte.“ Die Infektion hat allerdings nicht nur körperliche, sondern auch psychische Spuren bei der 18-Jährigen hinterlassen. „Insbesondere das Problem mit dem Luftholen beim Radfahren war für mich psychisch sehr belastend. Ich war auf einem hohen Niveau und gewohnt, dass ich überall ohne große Anstrengung hinkomme. In dieser Form war das im Frühjahr und Sommer dann nicht mehr möglich. Deswegen war es schon ein ziemlicher Tiefschlag für mich.“

Eine Krise als neue Chance

Allerdings kann Petra der Infektion auch etwas Positives abgewinnen.: „Durch die Erkrankung habe ich gelernt, vieles positiver zu sehen und Chancen, die sich auftun, zu nutzen. Jetzt kann ich zum Beispiel Erfahrungen dabei sammeln, sich schrittweise wieder zu steigern.“ Um wieder auf das alte Niveau zu kommen, hat sich die junge Sportlerin als Motivationshilfe ein neues Rennrad gekauft. „Mittlerweile gehe ich wieder öfter Radfahren. Im Winter werde ich dann auch auf andere Ausdauersportarten wie Langlaufen zurückgreifen.“
Das Coronavirus kann jede/jeden treffen
Doch auch ihre Einstellung zum Coronavirus hat sich verändert. „Bevor ich mich infiziert habe, habe ich mir gedacht: ‚Das kann doch nicht so ernst sein, wie sie immer tun‘, oder ‚Ich glaube nicht, dass etwas Schlimmes passiert, wenn ich das Virus bekomme‘. Das höre ich auch heute noch von anderen sehr oft. Aber die Krankheit hat mir die Augen geöffnet. Es ist wirklich ernst – vor allem bei Menschen, die älter sind und die zusätzlich auch noch Vorerkrankungen haben. Doch auch junge und sportliche Menschen wie mich kann Covid-19 mit voller Wucht treffen“, weiß Petra inzwischen aus eigener Erfahrung.

Den Filmbeitrag zum Artikel finden Sie hier:
www.youtube.com/unserlandtirol 

Huter_1 / Zum Vergrößern auf das Bild klicken
Die junge Sportlerin hat gelernt, vieles positiver zu sehen und Chancen zu nutzen.

 

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