05. August 2020

Damit Nähe nicht gefährlich wird

von Iris Reichkendler
Hand mit Aufschrift
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Gewalt ist eine Menschenrechtsverletzung, daher ist der Schutz vor Gewalt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In Tirol wurde ein Gewaltschutzplan erarbeitet, der die landesweiten Strukturen der Gewaltprävention und des Opferschutzes im sozialen Nahraum behandelt.

Bereits 2017 wurde von der Tiroler Landesregierung beschlossen, Gewaltprävention und Gewaltschutz als Querschnittsmaterie in der Landesverwaltung zu verankern. Basierend auf dem von Österreich ratifizierten „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ (Istanbul-Konvention) setzt das Land Tirol Maßnahmen in der Prävention und Bekämpfung von Gewalt sowie in der Betreuung, Hilfe und im Rechtsschutz für betroffene Frauen und Mädchen.

„Der nun vorliegende ‚Gewaltschutzplan sozialer Nahraum‘ gibt einen Überblick über die im Gewaltschutz tätigen Akteurinnen und Akteure“, berichtet Frauenlandesrätin Gabriele Fischer. Er umfasst sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die spezifischen Präventionsangebote für Frauen, Mädchen, Kinder und Jugendliche, aber auch TäterInnen. Auch Angebote des Opferschutzes sowie die in Polizei, Justiz und Krankenanstalten angesiedelten und mit Opferschutz befassten Einrichtungen werden im Gewaltschutzplan beschrieben. 14 spezialisierte Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen und Mädchen, vier Krisenangebote für Kinder und Jugendliche sowie zwei auf Täterarbeit spezialisierte Vereine wurden dazu befragt. Ausbau des Gewalt- und Opferschutzes laufend in Umsetzung „Darüber hinaus werden Empfehlungen zum weiteren effektiven Ausbau des Gewalt- und Opferschutzes aufgezeigt. Diese bieten eine gute Basis, die unsere bereits in Umsetzung befindlichen Schritte untermauert“, betont LRin Fischer.
So wird der flächendeckende Ausbau von Opferschutzeinrichtungen forciert. „Derzeit gibt es Angebote und Anlaufstellen zu einer sicheren Unterkunft für akut von Gewalt betroffene Frauen im Zentralraum Innsbruck, im Unterland sowie in Osttirol. Die Finanzierung einer zusätzlichen Einrichtung mit entsprechendem Beratungs- und Betreuungsangebot sowie einem Frauenhaus im Oberland ist beschlossen, die weiteren Schritte sind bereits in Planung“, berichtet LRin Fischer.

Ein wichtiger Fokus wird auch auf die Täterarbeit gelegt: „Opferschutzorientierte Arbeit mit gewalttätigen Männern ist besonders wichtig“, ist LRin Fischer überzeugt. Es gehe bei der Arbeit mit gewaltbereiten Männern und Burschen vor allem darum, dass sie die Auswirkungen gewalttätigen Verhaltens erkennen und Verantwortung dafür übernehmen, so die Landesrätin weiter. Dies sei auch ein maßgeblicher Schritt zur Prävention weiterer gewaltvoller Handlungen. „In diesem Bereich leistet der Verein ‚Mannsbilder‘ wertvolle Arbeit“, so LRin Fischer.

Auch die Beratungsangebote für von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche werden erweitert: „Gerade im Hinblick auf die Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen im März und April sowie der damit einhergehenden wirtschaftlichen Krise samt Existenzsorgen vieler Familien waren und sind Kinder und Jugendliche besonders gefährdet. Die Erweiterung der Beratungsleistung der Tiroler Kinder- und Jugend GmbH im Rahmen des Ausbaus der Schulsozialarbeit in Tirol ist daher besonders wichtig, damit Kinder und Jugendliche an der Schnittstelle Schule - Familie geeignete und professionelle Unterstützung erfahren“, betont LRin Fischer.
 

Gewaltprävention und Opferschutz in Tirol

  • 14 spezialisierte Einrichtungen bieten jedenfalls präventive Maßnahmen für Opfer von Partnergewalt oder sexualisierter Gewalt.
  • 12 Einrichtungen leisten psychosoziale, psychologische und/oder juristische Beratung sowie Begleitung und Betreuung von KlientInnen.
  • 9 Anlaufstellen kümmern sich um Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind.
  • Zwei Frauenhäuser und vier weitere Einrichtungen bieten von Gewalt betroffenen Frauen und ihren Kindern sichere Wohnmöglichkeiten.
Quelle: Gewaltschutzplan Tirol  
 

Gewalt in Zahlen (Tirol 2018)

  • Anzeigen aufgrund von Gewaltkriminalität gegen Frauen: 2.844 (39 Prozent aller Fälle von angezeigter Gewaltkriminalität)
  • Anzeigen aufgrund von fortgesetzter Gewaltausübung gegen Frauen: 79 (75 Prozent aller Fälle von angezeigter fortgesetzter Gewaltausübung)
  • Angezeigte Vergewaltigungen: 85 (92 Prozent aller angezeigten Vergewaltigungen)
  • Betretungsverbote der Landespolizeidirektion Tirol: 435
  • Körperverletzung in familiärer Beziehung: 656
  • Gefährliche Drohung in familiärer Beziehung: 374
Quelle: Gewaltschutzplan Tirol

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